Auf der Fahrt zum Basislager in der Region Alto Touria bei Valencia nehmen Jan und Bjoern noch den „Schröder“ aus Karlsruhe mit, der sich über die Teilnehmerliste bei uns gemeldet hat. Er ist bisher nur wenig Gelände gefahren und bisher BMW gefahren. Jetzt hat er sich eine LC4-Supercompetition zugelegt und will mal sehen wie er damit zurecht kommt. Wir sind nicht sicher, ob eine Rallye da das richtige für ihn ist?
Auf den über 2200 km Anfahrt fließen über 450 Euro Benzin in Jans Touareg (ca. 18 l/100km). Zum Glück teilen wir den Betrag durch drei. Vor Ort checken wir ins Hotel ein. Die meisten anderen Teilnehmer schlafen in Hütten, Wohnmobilen oder Zelten.
Am Tag vorm Start erkunden wir die Gegend und entdecken einige mit Flatterband markierte Wege, auf denen wir uns austoben. Bei der technischen Abnahme lassen wir uns von der Professionalität der anderen Teams etwas einschüchtern. Ein erfahrener Rallyepilot beruhigt uns damit, dass er meint, dass die anderen zwar schnell fahren können, uns jedoch wahrscheinlich wegen ihrer mangelnden Navigationsfähigkeiten mehrmals am Tag überholen werden.
Zum Start zum Prolog am Folgetag sind wir alle aufgeregt. Viele gehen die Sache mit zuviel Schwung an. Der Prolog findet in dem Areal statt in dem wir am Vortag die Markierungen gefunden hatten. Schlüsselstelle im Prolog ist eine extrem steile Geröllauffahrt an der sich viele Fahrer festfahren. Jan fährt auf einen Vorausfahrenden auf und muss den Hang erneut in Angriff nehmen. Das verschlechtert seine Platzierung erheblich.
Das Ergebnis des Prologs dient der Festlegung der Startreihenfolge der ersten Etappe. Die langsamsten müssen morgens als erste starten. Der Rangletzte startet bereits um 7:00. Danach in umgekehrter Rangfolge jede Minute ein Starter.
Durch das schlechte Prologsergenis muss Jan früher als ich in die erste Etappe starten. ER nimmt es gelassen, fährt in Pyjama über den Start, Frühstückt dann mit uns und starte später parallel mit mir, so dass wir zusammen fahren können. Bereits in der Verbindungsetappe geben wir richtig Gas, da wir noch nicht verstanden haben, dass die Zeit hier nicht zählt und nur eine Mindestzeit eingehalten werden muss.
Hektisch flicken wir einen Platten an Jans Hinterrad. Vor der ersten Wertungsetappe tanken wir noch voll. Ein Fehler. Die Wertungsetappe findet heute auf einem Motocross Gelände statt. Dafür hätten wir möglichst leichte Motorräder gebrauchen können. Vollgetankt sind sie natürlich schwerer.
Am Abend lassen wir uns von einem Mitstreiter noch mal die Wertung erklären. In Verbindungsetappen gemütlich fahren und in der Wertung gas geben; klingt logisch.
Es staubt täglich kräftig, so dass wir jeden Tag Luftfilter wechseln müssen. Bei den Reifen haben wir uns vergriffen. Sie eigenen sich eher für weichen Boden oder Schlamm. Die Strecken hier bestehen nur aus Stein und Felsen und raspeln unsere Reifen ab. Nach je zwei Tagen ist der Hinterreifen weg.
In der Verbindungsetappe des zweiten Wertungstages hat Jan Probleme mit dem Motor. Er hat keine Leistung mehr und geht andauernd aus. Kurz vor der ersten Wertungsetappe verlasse ich ihn daher und fahre vor zum Wertungsstart, um keine Zeitstrafe aufgebrummt zu bekommen.
Die Wertungsetappe ist annulliert, da es heute bereits unzählige Unfälle gegeben hat, alle Rettungsfahrzeuge unterwegs sind und der Veranstalter keine weiteren Verletzungen riskieren will. So fahren wir, nachdem Jan an den Start kommt, auch die Wertungsetappe in moderatem Tempo.
In der dritten Etappe komme ich gut durch. Ich fahre die meisten Zeit mit Paule vom Endurobunker in München im Schlepptau. Abends sehe ich, dass ich auf Platz 16 vorgerückt bin. Ein erstaunliches Ergebnis.
Am nächsten Tag will ich’s dann wissen. Ich werde übermütig. Zu hohe Geschwindigkeit in der Wertungsetappe beim Überfahren von groben Steinen beschert mir einen Platten. Nach hektischem Schlauchwechsel habe ich dann ein paar Meter wieder einen Platten. Nun muss ich flicken. Bis ich fertig bin, ist der gesamte Rallyetross an mir vorbei. Mit Schroeder zusammen bin ich dann letzter. Wir kommen an etlichen Verletzten vorbei. Einige davon schwer verletzt. Schroeder ist Arzt und bleibt bei ihnen. Ich fahre gemütlich bis zum Ziel der Wertungsetappe.
Am Abend hören wir das verheerende Ergebnis der Etappe. Acht Fahrer sind wegen Verletzung ausgeschieden. Einer der Engländer ist gar gestorben. Auch er war am Vortag überraschen gut platziert und wollte die Platzierung heute halten. Nach einer Kollision mit einem großen Felsen wurde er von seiner Maschine erschlagen. Nach dieser Nachricht ärgere ich mich nicht mehr über meine Panne, sondern bin froh selbst heil durch den Tag gekommen zu sein.
Am Ende reicht es für Platz 63. Die Woche war anstrengend. Jeden Tag Staub und Erschütterungen. Der harte Steinboden war zermürbend. An den letzten beiden Tagen hat man sich das Ende herbeigesehnt. Besonders die lange 300km Etappe am Mittwoch hat alles von uns gefordert.
Jans Touareg (Modell aus den ersten Wochen der Produktion) gibt am vorletzten Tag den Geist auf. Er lässt sich nicht mehr zuschließen und auch nicht starten. Vermutlich ist nur die Batterie leer. Wahrscheinlich hat das ständige Vorbeilaufen am Auto und das dadurch bedingte andauernde Auf- und Zuschließen mittel Key-Card die Batterie über die Woche entladen. Die Volkswagen-VIP-Hotline kann zunächst nicht helfen. Einfach so überbrücken dürfen wir nicht. Es wird ein Abschleppwagen aus Valencia geschickt und der Touareg abgeholt. Die Werkstatt ist allerdings nicht fähig den Wagen zu reparieren. Einen Ersatzwagen, der Jans Vorstellungen entspricht (mindestens gleichwertig) kann VW ebenfalls nicht auftreiben. Jan diskutiert am Telefon so lange, bis auch der Anhänger per Abschleppwagen und wir per Limousinen-Service abgeholt werden und anschliessend auf VW-Kosten heim fliegen.
Wir waren nicht die einzigen mit Defekten. Auch der Marode LT vom Mato-Racing-Team wird vom ADAC-Abschlepper abgeholt und die Insassen fliegen mit uns ab Valencia über Barcelona nach Deutschland.