Von Panama gibt es keine Landverbindung nach Kolumbien, zumindest keine befahrbare. Einige abenteuerlustige Backpacker schliessen sich hin- und wieder Guerillakaempfern oder Drogenschmugglern an und durchqueren den Dschungel zwischen den Laendern zu Fuss. Fuer uns bleibt nur der See oder Luftweg, denn die Wege durch den Dschungel sind fuer Fahrzeuge jeglichen Typs unpassierbar.
Nachdem wir mit Kapitän Ludwig von der Stahlratte in den letzten Tagen mehrfach per E-Mail die Verladung der Motorraeder abgeprochen haben, stehen wir Sonntag morgens um vier auf, um uns mit dem Jeepfahrer Mario zu treffen. Ihm sollen wir zur Verladestelle an der Kueste nachfahren. Da er noch einige Ausflugsgaeste in der Stadt abholen muss und wir in auf dieser Kreuzfahrt nicht begleiten moechten, fahren wir dann doch alleine los.
Um kurz nach acht biegen wir von der Panamericana auf die Gelaendestrecke zur Karibikkueste ab. Obwohl eigentlich Trockenzeit sein sollte, ist der Weg recht matschig. Nach 30 Kilometern ist zuerst ein kleinerer und kurz drauf ein recht breiter Fluss zu durchqueren. Beim ersten Versuch erwischt Bjoern eine tiefe Spur und ist auch ein wenig zu schnell, so dass etwas Wasser in den Vergaser kommt und der Motor abstirbt. Die Schuhe sind eh schon voll gelaufen, also schiebt Bjoern das Motorrad mit stotterndem Motor ans andere Ufer. Ein Einheimischer gibt uns Tipps zur besseren Wahl der Spur, so klappt es mit Ines Motorrad besser.
Kurz vor der Kueste weist uns ein Anderer den richtigen Weg und faehrt dann kurzerhand bei Bjoern hinten drauf mit bis zur Anlegestelle. Die „Verladerampe“ ist eine kleine Boeschung an einem Flussufer. Die Motorraeder lassen sich von der Boeschung ueber eine kurze Bohle recht problemlos in das grosse Kanu verladen. Damit sie nicht umfallen und das Kanu ausbalanciert ist, wird je ein Motorrad nach rechts und eines nach links umgelegt. Ueber maessigen Seegang geht es zur „Stahlratte“.
Die Stahlratte ist ein deutsches Segelschiff, Baujahr 1904, mit dem sich Ludwig seit einigen Jahren auf Weltreise befindet. Im Schlafsaal unter Deck bieten gemuetliche Kojen ausreichend Platz fuer bis zu 20 Personen. Ausserdem bietet es eine geraeumige Kueche, Aufenthaltsraum mit Bibliothek und einen tollen Essplatz fuer alle auf dem Oberdeck.
Vom Kanu aufs Segelschiff wird per Seilwinde verladen. An Deck ist ausreichend Platz fuer Motorraeder. Nach uns treffen noch Mike, ein Kanadier, Jesse, ein US-Amerikaner und Josh ein Australier mit ihren Motorraedern per Kanu ein.
Der Australier ist auf einer alten BMW K75 unterwegs. Er hatte einige Schwierigkeiten mit seiner abgefahrenen Strassenbereifung durch den Matsch und den Fluss zu kommen. Unterwegs sind ihm die rechten Blinker und die Hinterradbremse abgerissen. Erstaunlich, dass er es ueberhaupt geschafft hat.
Unsere Motorraeder werden an der Reeling vertaeut und mit Planen gegen die salzige Gischt geschuetzt. Zusaetzlich hatte Bjoern alle blanken Teile bereits an Land vorsorglich mit WD40 eingesprueht, um sie vor Rost zu schuetzen.
Nach unserer ersten Nacht an Bord kommen morgens weitere acht Rucksack-Reisende an Bord. Das Fruehstueck, mit dem die Neuankoemmlinge willkommen geheissen werden, bietet von Crepes ueber Obstsalat und Muesli alles was das Herz begehrt.
Ein Maedel wurde vom Transfer-Jeep leider in Panama City vergessen. Daher muessen wir noch bis mittags vor Anker liegen und auf ihre Ankunft warten. Nach kuerzer Fahrt per Motor gehen wir Nachmittags vor einer kleinen unbewohnten Insel vor Anker. Hier gehen wir im kristallklaren Wasser schnorcheln.
Abends werden auf dem Lagerfeuer am Strand Haehnchenschenkel gegrillt und Gitarre gespielt. Mike, eine Trucker aus Kanada besaeuft sich, wie bereits am Vorabend, auch diesmal. Um auf der Stahlratte weitere Getraenke zu holen, laesst Ludwig ihn das kleine Beiboot benutzen. Dabei laesst Mike das Boot auf offene Meer abtreiben, so dass Ete, ein Crewmitglied, hinterher schwimmen muss.
Spaeter, bei der Rueckkehr zum Schiff ist Mike so hektisch, dass er im Boot auf Ludwigs teure Gitarre tritt und diese ruiniert. Dieses Verhalten ist sogar fuer die ruhige und gelassene Crew zu viel. Vor Scham verkriecht sich Mike am weitest entferntesten Winkel des Bootes. Wie wir am naechsten morgen feststellten, hat er anscheinend in betrunkenem Zustand mit seinem Schlafsack und Isomatte den Hauptmast erklommen und in luftiger Hoehe im Kraehennest geschafen. Weiter weg vom Rest der Mannschaft ging es wirklich nicht.