Auf der morgendlichen Fahrt zu Semuc Champey decken wir uns in einer erstaunlich guten Baeckerei mit Backwaren fuer den Tag ein, denn in dem Park gibt es keine Verpflegung. Wie vom Waechter am Eingang empfohlen, erklimmen wir zuerst den Mirador. Der einstuendige Aufstieg ist muehselig. Vom Aussichtspunkt hat man eine gute Uebersicht ueber Semuc Champey. Der Name bedeutet „Wasser, das in der Erde verschwindet“. In der Tat ist es ein Fluss, der ueber eine Strecke von 200 Metern unterirdisch verlaeuft. Darueber sind, vom ueberlaufenden Flusswasser gespeiste, kristallklare Becken, in denen man Baden kann. Begleitet vom Gebruell der Howler Monkeys, die sich ueber uns durch die Baeume schwingen, verbringen wir einige Stunden in den kuehlen Pools.
In der Stadt Coban, in der wir als naechstes uebernachten, bestaunen uns einige Kids. Es ist der 6. Januar. Das ist der Tag, an dem in den meisten lateinamerikanischen Laendern die Weihnachtsgeschenke ueberreicht werden. Ines schenkt den Kids daher unseren Weihnachtsschmuck, die Pinchatas von Kays Vermieterin Pilar, die wir seit Cordoba an den Blinkern der Suzukis spazieren fahren.
Die vermeintliche Abkuerzung nach Antigua ueber die Bundesstrasse 5, die wir am naechsten Morgen nehmen, entpuppt als staubige Lehm- und Schotterpiste. Fuer die 70 Kilometer durch die Berge benoetigen wir ueber vier Stunden. Waehrend die Sonne gerade untergeht, erreichen wir kurz vor Guatemala City wieder die Teerstrasse. Von der geplanten weiteren Abkuerzung, um die Innenstadt Guatemala City’s zu umgehen, sehen wir ab. Statt dessen quaelen wir uns durch den Stadtverkehr. Die Busse fahren extrem aggressiv.
Antigua erreichen wir bei Dunkelheit. Bei der Suche nach einer Unterkunft lernen wir Kim und Ralph, zwei schweizer Motorradreisende auf einer BMW F800GS, kennen. Unterkuenfte gibt es zwar ausreichend, nur ein sicherer Parkplatz fuer unsere Motorraeder ist schwierig zu finden. Kim wird von einer alten Dame angesprochen, die uns schliesslich einen Unterstellplatz in der Station der Freiwilligen Feuerwehr, nur ein paar hundert Meter von unserer Unterkunft, organisiert. Eingekeilt zwischen ausrangierten Rettungswagen stehen unsere Motorraeder dort recht sicher.
Kim und Ralph sind vor vier Monaten in New York gestartet. Ihr Plan ist, rund um die Welt zu fahren. Erst runter nach Chile, von dort nach Asien und ueber Land zurueck nach Europa. Sie haengen allerdings etwas hinter ihrem Zeitplan zurueck. Zum jetzigen Zeitpunkt wollten sie eigentlich schon in Chile sein.
Kim moechte ausserdem gerne auch selbst Motorrad fahren. Bisher sass sie als Sozia hinten drauf. Deshalb erkundigt sie sich bei Ines, wie das so ist, eine beladene Gelaendemaschine zu fahren. Leider hat sie noch keinen Fuehrerschein. Dennoch mieten die beiden zum Ueben eine GN125, mit der Kim recht erfolgreich die ersten Kilometer zuruecklegt.
Am zweiten Abend lernen wir ein lustiges italienisches Paerchen, Monia und Luca, auf einer Honda Transalp kennen. Die beiden kennen Kim und Ralph seit Tijuana, der Grenze zwischen USA und Mexico. Sie nennen ein Stueck Strand in Rimini ihr Eigen. Dort vermieten sie im Sommer recht erfolgreich Sonnenschirme und Liegestuehle. Die Winterhalbjahre der letzten Jahre waren sie in Asien, Afrika und Suedamerika auf Reisen.
Vor drei Tagen wollten sie, so wie wir gestern, die angeblich schoenste Gebirgsstrasse Guatemalas, die von Coban nach Huehuetenango fuehrt, in Angriff nehmen. Es ist eine schwierige Schotterstrasse, die sich in unendlichem auf und ab durch die Berge windet. Nach gut der Haelfte der Strecke wurden sie, nachdem sie schon von einigen Ambulanzwagen und Polizeiautos ueberholt worden waren, gestoppt. Ein grosser Erdrutsch hat auf einer Laenge von mehreren hundert Metern die Strasse weggerissen. Wir hatten davon in der Zeitung gelesen, die Bilder des Erdrutschs jedoch nicht mit dieser Strecke in Verbindung gebracht.
Monia und Luca mussten umdrehen und benoetigten auf der holprigen Piste den kompletten Tag, um zurueck nach Chichikastenango zu gelangen. Vorgestern standen wir an der Abzweigung zu genau dieser Strecke und waren uns nicht sicher, welche Route wir nehmen sollen. Auch ein Muenzwurf hat uns nicht weitergeholfen. Zum Glueck sind wir nicht diese Strecke gefahren, sonst waere es uns wir Monia und Luca ergangen.
Antigua ist voll von Sprachstudenten und Touristen. Es werden etliche Touren ins Umland angeboten. Wir schliessen uns einer Tour zum Vulkan Pacaya an. Von Guatamalas 33 Vulkanen sind nur drei noch aktiv. Pacaya ist einer davon. Waehrend des 4 km langen Aufstiegs treibt unser Guide Daniel die Gruppe gut voran. Auf dem losen Untergrund sind wir froh um unsere guten Wanderstiefel, die Lowa GTX Combat Boots, sowie ueber unsere Motorradhandschuhe. Einige andere Wanderer haben sich Schnittverletzungen an den Haenden zugezogen, denn das Lavagestein ist recht scharfkantig. Hundert Meter unter dem auf 2550 Meter liegenden Gipfel erreichen wir die Lavaquelle. Schon einige hundert Meter vorher fliesst ein breiter Lavastrom an uns vorbei. Wir koennen kaum glauben, dass wir so nah an die Lava herankommen. Es herrscht grosse Hitze und wir haben Angst um unsere Schuhsohlen, denn auch unter dem Gestein, auf dem wir stehen, fliesst heisse Lava hindurch, die wir durch Risse im Boden sehen koennen. An der Lavaquelle treffen wir ueberraschend die beiden Frankfurter Anke und Geronimo, die wir auf Caye Caulker in Belize kennengelernt hatten.
Hoi Bruderherz,
dein Bart nimmt ja langsam Piratenkapitänsdimensionen an. Fakel ihn dir ja nicht in der Lava ab 😉